ZDF-Streit
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Erpressung
Erpressung
Die Chemie-Konzerne BASF, BAYER und HOECHST haben das ZDF massiv unter Druck gesetzt. Da das ZDF dem Druck nachgegeben hat, hagelte es Presse-Kritik.
Presse-Headlines zum Skandal (Quellenangaben siehe „Fakten”) Auslöser für den Streit war mein umstrittener Film zum Thema Chemie und Landwirtschaft.
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Vergiftet oder arbeitslos?
Der Spiegel
„…ein glänzend gemachter, aber bewusst parteiischer Ökofilm. Formal revolutionär, didaktisch brillant, rabiat einseitig in Mache und Tendenz. Dialoge, die zur Sache kommen:
Film-Vater Bayrhammer zieht aufgebracht gegen ‚Fortschrittsfanatiker‘vom Leder, wettert gegen den ‚organisierten Wahnsinn mit der Giftbrühe‘. Film-Tochter Eva Mattes hält putzmunter dagegen. Als ‚bodenlose Frechheit‘ kanzelt sie die Horrorgeschichten ab. Aber als ihr der Vater einen SPIEGEL-Titel hinhält und die Düngeprodukte mit ‚Stoff‘ und die Hersteller mit ‚Dealern‘ vergleicht, denen man jetzt ‚ausgeliefert‘ sei, da bleibt ihr die Spucke weg…“Weitere Informationen zum Film siehe „Neue Mediensprache“
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Langzeitwirkung
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Fehlurteile
Fehlurteile
Der Skandal ist längst verjährt. Etliche damalige Beurteilungen und Verurteilungen halte ich heute für falsch. Daher erscheint mir eine späte Aufklärung notwendig zu sein.
Als betroffener Autor bin ich nicht neutral. Aber da sich bei mir Spurenelemente von Altersweisheit bemerkbar machen, will ich einige Einsichten benennen.
Das Ausmaß des Skandals war einmalig, die Ursachen des Skandals sind schwer durchschaubar. Um die zentralen Fehlurteile aufklären zu können, ist eine Zusammenfassung der relevanten Ereignisse erforderlich.
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Alte Erfolge
Alte Erfolge
Wie konnte es überhaupt zu dem Skandal kommen? Meine beiden Vorgänger-Filme waren überraschend erfolgreich. Die starke Resonanz des Publikums und das äußerst positive Echo der Presse haben das ZDF beeindruckt.
Süddeutsche Zeitung
„…’Was die chemische Industrie mit unserer Landwirtschaft macht, ist ein Verbrechen’. Ist der Satz möglich im Programm einer öffentlich-rechtlichen Anstalt? Möglich ist er! Zu hören heute Abend im ZDF. Der Satz stammt von Bernward Wember, und außer ihm wäre wohl niemandem gelungen, ihn im Fernsehen unterzubringen. Wember, Professor für audio-visuelle Kommunikation, hat seinen außerordentlichen Ruf durch nur zwei Filme begründet, beide im ZDF gesendet. ‚Wieso denn ideologisch?‘ und ‚Wie informiert das Fernsehen?‘…“
Frankfurt Rundschau
Über „Wieso denn ideologisch?”
„…eine der überzeugendsten Arbeiten, die auf dem Gebiet der Filmanalyse bisher vorgelegt wurden. Wember ging aus von dem preisgekrönten Dokumentarfilm ‚Bergarbeiter im Hochland von Bolivien’, ein scheinbar sachlicher Film. Die sehr sorgfältige, faire Analyse brachte zutage, dass der Film das Elend auf Distanz hält, spärliche medizinische Fortschritte jedoch in den Vordergrund stellt. Ein unpathetisch kriminalistischer Fall von Zuschaueraufklärung…“
Süddeutsche Zeitung
Über „Wieso denn ideologisch?”
„…obwohl die Sendung im Nachtprogramm ausgestrahlt wurde, hatte sie ein geradezu sensationell starkes und positives Echo. Das Ausmaß der Zuschauerpost fand das ZDF so einmalig, dass man die Sendung zu einer günstigeren Stunde wiederholen will…“
Neue Zürcher Zeitung
Über „Wie informiert das Fernsehen?”
„…in einem brillanten, sachlich aufregenden Lauf ging Wember mit der Fernsehinformation ins Gericht. Er testete die Wirkung der Nordirland-Berichterstattung. Erschreckendes Ergebnis: Informationen wurden nur von 20 Prozent der Zuschauer verstanden und behalten. 80 Prozent der Zuschauer hielten die Filme jedoch für informativ und verständlich. Den Gründen für dieses Auseinanderklaffen von Meinung und Realität sucht Wember nachzugehen. Ein Meilenstein der Fernsehkritik…“
Ausschnitt aus dem Theorie-Modell der „Bild-Text-Schere” Die Zeit
Über „Wie informiert das Fernsehen?”
„…Respekt und hohes Lob. In einem furiosen Kolleg wurden die Praktiken der Bildreportagen erläutert. Eine Vorlesung im Stil des Brechtschen Theaters: Unterhaltlich und belehrend zugleich…“
Süddeutsche Zeitung
Über „Wie informiert das Fernsehen?”
„…selten wurde eine Sendung so hymnisch gelobt. Die Analyse veranlasste eine recht unterschiedliche Kritikerschar zu lobpreisenden, verbalen Kopfständen…“
Diese ungewöhnliche Presse-Resonanz war der Impuls für mein neues ZDF-Projekt. Die Erfolgs-Erwartungen waren beim Sender entsprechend hoch.
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Neue Mediensprache
Neue Mediensprache
Frankfurter Rundschau
Über „Vergiftet oder arbeitslos?“
„…Wembers neue Mediensprache arbeitet mit einprägsamen Bildsymbolen. Seine Absicht ist, komplexe Zusammenhänge sinnlich erfahrbarzu machen – getreu der Feststellung Bert Brechts: ‚Die Lage wird dadurch so kompliziert, dass weniger denn je eine einfache Wiedergabe der Realität etwas über die Realität aussagt.‘
Wember bedient sich im Sinne Brechts verschiedener Stilformen, die in ihrer Wirkung auf den Zuschauer präzis kalkuliert sind…“Im Film werden ungewöhnliche Symbol-Modelle entwickelt:
1. Modell für das biologische Gleichgewicht.
Mit aktivem Vogel und echten Schädlingen. Ein bayerischer Bauer erklärt drastisch.2. Modell für den ökologischen Bodenkreislauf.
Krabbelnde Würmer und rollende Äpfel. Bauer lobt Garantiezeiten von Millionen Jahren.3. Modell für Ausbeutung der Bodenschätze.
Das Förderband rattert ohrenbetäubend. Manager erklärt seriös den Zusammenhang.Insgesamt werden neun Modelle vorstellt, die später zu einem Gesamt-Modell kombiniert werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
„…Wember hat eine neue Bildsprache entwickelt. Kein Meisterwerk. Aber der originelle und bewusst polemische Film war interessant, weil die Ästhetik des geteilten Bildschirms und die bedächtige Argumentation die übliche Hektik trefflich kontrastierte. Hier konnte der Zuschauer mit- und gegendenken…“
Das Gesamt-Modell: Komplexität der Zusammenhänge Als Kontrast zu den Modellen und zum Streit Vater-Tochter werden ruhige, dokumentarische Außenaufnahmen gezeigt.
Der Bauer kommentiert die Ereignisse aus dem Off.Kunstdünger wird gestreut Pestizide werden versprüht Überproduktion wird vernichtet -
Chemisches Risiko
Chemisches Risiko
1. Befürchtung
Der ZDF-Intendant befürchtet Ärger von der chemischen Industrie, weil mein Film die Konzerne massiv angreift.2. Entschärfung
Um chemische Risiken zu vermeiden, verlangt der Intendant, dass der Film um ein Drittel gekürzt wird. Außerdem soll eine Diskussionsrunde den kritischen Film entschärfen.3. Bedingungen
Ich stimme dieser Lösung nur zu…
…wenn ich die geforderten Kürzungen selber vornehmen kann.
…wenn die Langfassung des Films als Video-Kassette vertrieben werden kann.
…wenn das Publikum in der Sendung auf die Video-Kassette hingewiesen wird.4. Vertrag
Meine Bedingungen werden akzeptiert und in einem Vertrag festgelegt.5. Deal
Der Moderator meiner Sendung informiert das Publikum, dass die Video-Kassette mit Langfassung des Films von Atlas-Film vertrieben wird. Der gekürzte Film wird gesendet. Anschließend streitet eine Diskussionsrunde. -
Der Super-GAU
Der Super-GAU
1. Fehlkalkulation
Die vorsorgliche Entschärfung des Films wird von den Chemie-Konzernen ignoriert. BASF, BAYER und HOECHST protestieren lautstark beim ZDF-Intendanten.2. Empörung
Weitere Industrie-Verbände schließen sich an. Eine Protest-Lawine bricht los.
Im Deutschen Bundestag wird der Innenminister gefragt, warum das „hetzerische Machwerk“ weiter verbreitet werden darf.3. Ultimatum
Die Chemie-Konzerne verlangen ultimativ vom ZDF, dass die angekündigte Verbreitung der Video-Kassette mit der Langfassung des Films verboten wird.4. Drohung
Falls das ZDF die Forderung nicht erfüllt, wird mit Schadensersatz gedroht wegen „Kredit-Schädigung“: Bei Krediten für Großkonzerne geht es um Multi-Millionen.5. Panik
Ein Gerichtsverfahren mit horrenden Schadensersatzforderungen wäre für das ZDF extrem gefährlich. Im ZDF bricht Panik aus.6. Diffamierung
Der ZDF-Intendant und der Hauptabteilungsleiter behaupten plötzlich, Wember habe dem ZDF den Film „untergejubelt“ (sic!). Die gesamte ZDF-Leitung hatte den Film gesehen und zur Sendung freigegeben.7. Akrobatik
Mit juristischer Akrobatik behauptet das ZDF, für die Video-Kassette sei kein Vertrag mit Wember abgeschlossen worden. In der Sendung hatte der Moderator die Erfüllung des Vertrages mitgeteilt.8. Vollzug
Das ZDF informiert die Konzerne, dass die Chemie-Forderung erfüllt wird: Die Verbreitung der Langfassung des Films per Video-Kassette wird verboten.9. Ergebnis
Die Chemie-Konzerne sind zufrieden. Das ZDF bekommt heftige Presse-KritikPresse-Headlines zum Skandal -
Unmögliches
Unmögliches
1. Fiasko
Als öffentlich-rechtlicher Überzeugungstäter bin ich geschockt über den medialen Scherbenhaufen, der trotz strategischer Entschärfungen entstanden ist.2. Versuch
Ich will meinen inzwischen verbotenen Film retten. Beim ZDF frage ich, ob Kompromiss-Verhandlungen mit der Chemie vorstellbar sind. Das ZDF lehnt ab.3. Risiko
Ich versuche es also auf eigene Faust. Meinen Anwalt bitte ich, Kontakt zur Chemie aufzunehmen. Kühl distanzierte Kontake kommen zustande.4. Blindflug
Es ist mein schwierigster Job ever: Chemie-Konzerne für einen eventuell denkbaren Kompromiss gewinnen. Eine Lösung ist unwahrscheinlich, aber sie gelingt – auch wegen der Mithilfe von guten Anwälten.5. Kompromiss
Nach zähen Verhandlungen kommt dieses Ergebnis zustande:
– Die Chemie akzeptiert, dass der Film eine Minderheits-Lehrmeinung zeigen darf.
– Für einige eventuell „beleidigende Aussagen“ wird nur der Ton gelöscht.
– Einige konträre Positionen der Chemie werden als Textzeilen eingeblendet.
– Der SPIEGEL-Titel muss teilweise geschwärzt werden.6. Überraschung
Die Chemie-Konzerne geben die ungekürzte Langfassung des Films frei. Eine Video-Kassette mit den vereinbarten Korrekturen darf produziert werden.7. Ablehnung
Das ZDF lehnt meinen Kompromiss mit den Chemie-Konzernen aus inhaltlichen und juristischen Gründen ab, vermutlich aber auch, weil ich eigenmächtig ohne ZDF-Prokura verhandelt habe. Das endgültige Scheitern droht.8. Brückenbau
Der generalbevollmächtigte Anwalt der Chemie-Konzerne ist von der „Neuen Bildsprache“ (FAZ) meines Films beeindruckt. Er baut dem ZDF eine goldene Brücke, damit der Sender doch zu einem gemeinsamen Kompromiss bereit ist.9. Triumph
Der Film kann ungekürzt überleben. Die Kompromiss-Korrekturen sind akzeptabel. Meine Arbeit von insgesamt acht Jahren kommt zu einem guten Abschluss -
Fakten
1. Verdacht
Sind die Aussagen zum Skandal nur Behauptungen eines betroffenen Autors? Oder gibt es dafür Beweise?2. Klärung
Sämtliche Verhandlungsergebnisse, Gesprächsprotokolle, Briefwechsel, Verträge und Presseberichte habe ich ausführlich dokumentiert im Buch „Vergiftet oder arbeitslos? Der Fall: ZDF – Wember – Chemie“3. Belegexemplare
An alle Verantwortlichen des ZDF sind seinerzeit Belegexemplare verschickt worden.4. Schweigen
Es gab keinen Rechtsstreit. Das ZDF hat vor Gericht keine Einstweilige Verfügung gegen das Buch erwirkt. Es gab auch keinen mündlichen oder schriftlichen Widerspruch. Alle Beteiligten haben geschwiegen.5. Quellenangaben
Die Pressezitate dieser Website sind im Buch „Vergiftet oder arbeitslos?” dokumentiert. Die Headlines sind als Facsimile abgebildet.